Es waren dem Wildkirchli-Gestein völlig fremde Quarzsteine aus dem gut 300 Meter tiefer gelegenen Weissbachtal, die Emil Bächler und sein Gehilfe Otto Köberle fanden. Dank ihren guten Augen und ihrem Fachwissen war damit das Wildkirchli auch als Wohn- und Unterkunftsort des Altsteinzeitmenschen erwiesen. Es war der sensationelle erste Beweis, dass vor über 30 000 Jahren Menschen in dieser Höhe in den nördlichen Voralpen lebten. Eine Erkenntnis, die die Wissenschaft nachhaltig beeinflusste.
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Wo wurde gegraben?
Bärenkult im Wildkirchli?
Der Mensch als Höhlenbärjäger. Emil Bächler fand Knochen, die er als von Menschenhand bearbeitete Werkzeuge betrachtete. Dies und die Tatsache, dass Spuren von Menschen und Höhlenbären in denselben Erdschichten lagen, verleiteten ihn zur Annahme, dass die Menschen Höhlenbären erlegt haben müssen. Ein Bild des Steinzeitmenschen, das in der Wissenschaft damals weit verbreitet war.
Doch Emil Bächler ging noch weiter: Zwischen 1917 und 1923 fand er im Vättiser Drachenloch aufgeschichtete Knochen und unversehrte Bärenschädel. Zum Teil waren diese sorgfältig in Steinnischen oder zwischen Steinplatten – Bächler nannte sie Schädelsteinkisten – platziert und einheitlich ausgerichtet. Er interpretierte diese Funde als Überreste menschlich-kultischer Handlungen, einer Huldigung des Höhlenbären oder einer Opferung. Über die sachliche Archäologie hinaus formulierte er mittels ethnografischen Vergleichen und religionsphilosophischer Überlegungen seine Theorie zum Bärenkult.
Die Theorie sorgte für einen jahrelangen Disput in der Wissenschaft, bis hin zu persönlichen Anfeindungen Bächlers. Emil Bächler blieb aber zeitlebens bei seiner Interpretation.
Schmids Bärenkult-widerlegung. Bei den Grabungen 1958/59 bestätigte Elisabeth Schmid Emil Bächlers Funde grundsätzlich. Aufgrund weiterentwickelter Forschungsmethoden und neuer Erkenntnisse in der Wissenschaft kam sie jedoch zum Schluss, dass sich Mensch und Bär nicht oft begegnet sind. Die Bären nutzten die Höhlen im Winter für ihre Ruhe, die Menschen im Sommer als Raststätte. Zudem taugten die Waffen der Steinzeitmenschen nicht für die Jagd auf den grossen Höhlenbären. Elisabeth Schmid identifizierte auch die Bearbeitungsspuren an den vermeintlichen Knochenwerkzeugen als natürliche Abwitterung.
Damit war die Bärenkult-Theorie endgültig widerlegt.